In meinem ersten Beitrag geht es zunächst allgemein um das Thema, von dem ich auf LinkedIn schon länger spreche: Introvertiertheit im Business. Als Introvertierte können wir uns manchmal wie Fremdkörper fühlen, wenn um uns herum gefühlt nur die lauten, extrovertierten Stimmen bevorzugt werden. Diese Dopplung von „fühlen“ ist Absicht, denn mitunter nehmen wir unsere Umwelt etwas anders wahr und trauen uns weniger zu. Dabei haben Intros, wie ich sie liebevoll nenne, oft ein fundiertes Wissen. Mein Motto: introvertiert versiert im Business.
Aber sei gewiss, Introvertiertheit ist keine Schwäche; es ist eine einzigartige Stärke, die es zu verstehen und zu nutzen gilt. Als leise Mutmacherin schenke ich dir Hoffnung, um mutig im Geschäftsleben voranzugehen.
Was bedeutet Introvertiertheit?
Der Begriff „Introvertiertheit“ wurde geprägt durch den berühmten Schweizer Psychiater Carl Gustav Jung. Er definierte Introvertiertheit als eine Ausrichtung auf die inneren Erfahrungen und Energien, im Gegensatz zur Ausrichtung auf äußere Einflüsse und soziale Interaktionen, die als extrovertiert bezeichnet werden. Introvertierte Menschen neigen dazu, ihre Energie aus dem Alleinsein zu ziehen, während extrovertierte Personen ihre inneren Batterien durch soziale Interaktionen aufladen. Wichtig ist, dass Intro- oder Extroversion nur ein kleiner Teil der facettenreichen Persönlichkeit ist. Es gibt daher nicht DEN Intro oder DEN Extro. Jeder Mensch ist einzigartig. Aber es gibt schon typische Stärken und Schwächen, auf die ich unten genauer eingehe. Auch die ambivertierten Menschen sollen hier kurz erwähnt werden, die das beste von beiden Seiten haben.
Eine sehr schöne Analogie stammt von Alison Trikha, die Introvertiertheit in Bezug auf Energiegewinnung anhand von fünf Münzen erklärt. Hier ist ein Link zum entsprechenden LinkedIn-Post: fünfMünzenerklärenIntrovertiertheit.
Introvertierte bringen eine einzigartige Mischung aus Stärken und Schwächen mit sich, die sich oft von denen extrovertierter Personen unterscheiden. Hier sind einige typische Stärken und Schwächen von Introvertierten.
Das können Introvertierte gut:
- Tiefe Reflexion und Analyse: Introvertierte neigen dazu, bevorzugt Zeit allein zu verbringen, um über Ideen und Konzepte nachzudenken. Dadurch können sie oft tiefe Einblicke und innovative Lösungen bieten.
- Empathie und Zuhören: Introvertierte sind oft ausgezeichnete Zuhörer und einfühlsame Gesprächspartner. Sie nehmen subtile Signale wahr und können sich gut in die Perspektiven anderer Menschen einfühlen.
- Kreativität: Die Neigung zur Selbstreflexion und die Fähigkeit, sich in ihre Gedanken zu vertiefen, ermöglichen es Introvertierten oft, ihre kreativen Energien zu kanalisieren. Sie sind oft in der Lage, originelle Ideen zu entwickeln und innovative Lösungen zu finden.
- Selbstständigkeit: Introvertierte ziehen es oft vor, selbstständig zu arbeiten und sind in der Lage, sich gut zu motivieren und produktiv zu sein, auch wenn sie alleine arbeiten.
- Gründlichkeit: Introvertierte tendieren dazu, Aufgaben mit Sorgfalt und Genauigkeit zu erledigen. Sie bevorzugen es, sich auf wenige, aber bedeutende Projekte zu konzentrieren, anstatt sich auf viele Dinge gleichzeitig zu verteilen.
Das fällt vielen Introvertierten schwer:
- Schwierigkeiten bei der Präsentation: Introvertierte können sich manchmal unwohl fühlen, wenn sie im Rampenlicht stehen oder vor einer Gruppe sprechen müssen. Dies kann zu einer Unterrepräsentation ihrer Fähigkeiten führen, insbesondere in Umgebungen, die extrovertiertes Verhalten bevorzugen.
- Langsameres Networking: Da Introvertierte oft nicht so schnell Kontakte knüpfen wie Extrovertierte, kann es für sie schwieriger sein, berufliche Beziehungen aufzubauen und zu pflegen.
- Übermäßige Selbstkritik: Introvertierte neigen manchmal dazu, sich selbst zu sehr zu hinterfragen und überkritisch zu sein, was ihre Fähigkeiten und Beiträge betrifft. Dies kann dazu führen, dass sie sich selbst im Weg stehen und sich weniger selbstbewusst fühlen. Prokrastination, die Aufschieberitis, kann ein großes Problem für Intros sein.
- Konfliktscheu: Introvertierte bevorzugen oft Harmonie und meiden Konfrontationen. Dies kann dazu führen, dass sie sich zurückhalten, wenn es darum geht, Meinungsverschiedenheiten anzusprechen oder für ihre Position einzutreten. Das Sicherheitsbedürfnis von Intros ist höher.
- Übersehen werden: In Umgebungen, die extrovertierte Persönlichkeiten bevorzugen, können Introvertierte leicht übersehen oder unterschätzt werden, was dazu führen kann, dass ihre Fähigkeiten und Beiträge nicht angemessen anerkannt werden. So werden häufig die eher extrovertierten Kollegen befördert, die sich dem Chef besser präsentiert haben.
Es ist wichtig zu betonen, dass diese Stärken und Schwächen nicht in Stein gemeißelt sind und es auch keine vollständige Liste ist. Introvertierte können durch gezieltes Training ihre Schwächen auch überwinden und ihre Stärken weiter ausbauen. Introvertiertheit an sich kann jedoch nicht abtrainiert werden, und das sollte auch nie das Ziel sein. Wer sich ständig verbiegt und gegen seine Natur handelt, läuft Gefahr in den Burnout zu rutschen oder depressiv zu werden. Es gibt tatsächlich Unterschiede im Gehirn zwischen Intros und Extros, die eben das typische Verhalten bedingen. Auf diese physiologischen Unterschiede werde ich in einem späteren Blogpost eingehen.
Der Unterschied zwischen Introvertiertheit und Schüchternheit
Leider werden Introvertiertheit und Schüchternheit oft in einen Topf geworfen. Aber es ist nicht das Gleiche. Während Introvertierte sich möglicherweise in sozialen Situationen zurückziehen, tun sie dies nicht unbedingt aus Angst oder Unsicherheit. Schüchternheit bezieht sich eher auf ein Gefühl der Hemmung oder Angst in sozialen Situationen, unabhängig von der Ausrichtung auf introvertierte oder extrovertierte Energie. Schüchterne wollen sich einbringen und austauschen, aber trauen sich nicht. Ein selbstbewussteres Auftragen kann gezielt geübt werden. Intros entscheiden sich sehr bewusst, ob sie gerade etwas zur Konversation beitragen wollen. Vielleicht wurde ja schon alles gesagt. Von außen betrachtet und wenn man sich noch nicht genau kennt, kann das auch schüchtern wirken.
Du bist nicht allein!
Geschichte und Gegenwart sind reich an herausragenden Persönlichkeiten, die introvertiert sind oder waren und dennoch große Erfolge erzielt haben. Hier sind einige Beispiele von bekannten Introvertierten:
- Albert Einstein: Der berühmte Physiker war bekannt für seine zurückhaltende Natur und seine Vorliebe für das Nachdenken und Reflektieren allein.
- Rosa Parks: Als Symbolfigur der Bürgerrechtsbewegung in den USA war Rosa Parks eine introvertierte Frau, die durch ihre Taten die Welt veränderte.
- Emma Watson: Die Schauspielerin, bekannt für ihre Rolle als Hermine Granger in den Harry-Potter-Filmen, hat öffentlich über ihre introvertierte Natur gesprochen und wie sie gelernt hat, damit umzugehen.
- Warren Buffett: Der legendäre Investor ist ein weiteres Beispiel für einen introvertierten Erfolgsmenschen, der oft zurückgezogen lebt und dennoch in der Finanzwelt große Wellen schlägt.
Diese Beispiele zeigen, dass Introvertiertheit kein Hindernis für Erfolg ist, sondern eine Qualität, die, wenn sie richtig verstanden und genutzt wird, zu großen Leistungen führen kann.
Im deutschsprachigen Bereich sind die Bücher von Dr. Sylvia Löhken zu empfehlen. Ein gutes Buch zum Einstieg in die Thematik ist: „Intros und Extros – Wie sie miteinander umgehen und voneinander profitieren“.
In den folgenden Blogposts werde ich tiefer in die Welt der Introvertierten im Geschäftsleben eintauchen, Erfolgstipps teilen und eine unterstützende Gemeinschaft für introvertierte Fachleute aufbauen. Im nächsten Beitrag wird es darum gehen, wie ich das Netzwerken lernte, meinen Verlag für Introvertierte im Business gründete und zur leisen Mutmacherin wurde.
Wenn du Anregungen hast oder deine eigenen Erfahrungen teilen möchtest, schreibe mir gern eine E-Mail an